Säugetiere
Eine Charakterart der Niedersächsischen Elbtalaue ist der Elbe-Biber. Seit 1819 galt er hier als ausgestorben. Wenige Exemplare überlebten an der Mittleren Elbe bei Dessau. Auf Grund strenger Schutznahmen erholten sich die dortigen Bestände und breiteten sich in den 1990er Jahren auf der Suche nach neuen Revieren entlang des Elbstroms und seiner Nebenflüsse aus. Inzwischen ist sein Bestand im Biosphärenreservat nach Wiederbesiedlung und zeitweise rasantem Bestandswachstums heute fest etabliert und insgesamt stabil. Angesichts der hoch dynamischen Habitate in der Flussaue sind kurzfristige Bestandsschwankungen jedoch nicht ungewöhnlich. So führte das extreme Junihochwasser im Jahr 2013 durch Überflutung der Wurfbaue vermutlich zu einem Totalverlust des gesamten Nachwuchses. Die Erfassung 2014 ergab Hinweise auf eine verringerte Siedlungsdichte, die aber augenscheinlich schon in den beiden Folgejahren wieder weitgehend kompensiert werden konnte. Auch wenn Dammbauaktivitäten des Bibers im Biosphärenreservat nach wie vor vergleichsweise selten vorkommen, sind sie in den letzten Jahren vor allem an Seitengewässern und kleinen Zuflüssen entlang von Seege, Jeetzel, Krainke, Sude oder auch am Kateminer Bach etwas häufiger zu beobachten. Dort, wo eine staubedingte Vernässung angrenzender Flächen zu Problemen führt, unterstützt die Biosphärenreservatsverwaltung die zuständigen Stellen bei der Umsetzung rechtskonformer und wirksamer Maßnahmen (z.B. Einbau von Rohrdrainagen). Der Biberbestand umfasste im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue aktuell ca. 400 Tiere. Zahlreiche Nagespuren an den Ufergebüschen zeugen von seinen nächtlichen Aktivitäten. Durch seine Größe und den abgeplatteten Schwanz unterscheidet er sich von Bisamratte und Nutria, mit denen er häufig verwechselt wird.
In der Elbtalaue hat auch der Fischotter einer der Schwerpunkte seines Vorkommens in Niedersachsen. Im Grabensystem der Marschen, an den Nebenflüssen und dem Elbstrom wurde er vielerorts nachgewiesen. Dennoch bekommt man diesen nachtaktiven, hervorragend schwimmenden und tauchenden Wassermarder selten zu Gesicht.
Auch für die Artengruppe der Fledermäuse belegen die in den letzten Jahren deutlich intensivierten systematischen Erfassungen im Biosphärenreservat Vorkommen von weit überregionaler Bedeutung. Bisher konnten 16 der aus Niedersachsen bekannten 18 Fledermausarten (darunter auch die vier Anhang-II-Arten der FFH-Richtlinie) im Biosphärenreservat nachgewiesen werden. Hierzu zählen sowohl die vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus wie auch die stark gefährdeten Arten Große Bartfledermaus und Graues Langohr. Bei einer detaillierten Untersuchung zur Wochenstubenverteilung der Mopsfledermaus im Auftrag der Fachbehörde für Naturschutz (NLWKN) 2016 stellte diese Art mit 29 Individuen (16,2 %) - nach der noch recht verbreiteten Wasserfledermaus – sogar die zweithäufigste Art in den entsprechenden Netzfängen dar. Artenhilfsmaßnahmen wie z.B. der Ausbau von Winterquartieren sowie die Ausbringung von Fledermauskästen in verschiedenen Waldbeständen des Biosphärenreservats dienen der Bestandsförderung und -sicherung. Fledermauskästen, die von den Tieren als Sommerquartiere genutzt werden, ermöglichen eine systematische Kontrolle der vorkommenden Arten und ihrer regionalen Raumnutzung.
Der Wolf wird im Zuge der laufenden Arealausweitung nach Niedersachsen auch im Biosphärenreservat häufiger beobachtet. Reproduktive Paare und etablierte Rudel sind aus dem weiteren Umfeld bekannt, z.B. aus dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen, aus den Gartower Tannen oder der Göhrde. Einzelne, von offenbar durchwandernden Wölfen verursachte Nutztierrisse, gab es im Biosphärenreservat z. B. im Raum Bleckede sowie im Amt Neuhaus. Hinweise auf Reproduktion innerhalb des Gebietes fehlen bisher. Größere Akzeptanzprobleme halten sich in der Region noch in Grenzen.
Bemerkenswert sind in der Elbtalaue darüber hinaus die hohen Bestände von Schwarz- und Schalenwild. Wintersprünge von Rehen von mehr als 25 Stück sind keine Seltenheit. Häufig kann man auf den Wiesen Feldhasen und Füchse bei der Mäusejagd beobachten.
Als Neozoen werden die Tierarten bezeichnet, deren Vorkommen im Zuge menschlicher Aktivitäten erst nach 1492 (d. h. nach der Entdeckung Amerikas und der Eröffnung transatlantischer Handelswege) über deren ursprüngliche, natürliche Verbreitungsgebiete hinaus beabsichtigt oder unbeabsichtigt signifikant erweitert worden sind.
Im Biosphärenreservat sind der Waschbär, der Marderhund, die Nutria und der Amerikanische Nerz (Mink) als jagdbare Arten sowie der Bisam und die Wanderratte die derzeit wichtigsten potenziell invasiven Neozoen. Darüber hinaus sind die Schwarzmund-Grundel, der Nordamerikanische Camberkrebs, die Chinesische Wollhandkrabbe sowie die Kanada- und Nilgans in diesem Zusammenhang relevant.
Nach derzeitigem Kenntnisstand hat sich der Waschbär in der letzten Dekade stark ausgebreitet. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg stieg seine Jagdstrecke von 135 Individuen in 2004 auf 1.742 erlegte Tiere in 2014. Ähnliche Tendenzen, sind auch bei Nutria, Marderhund und Mink zu verzeichnen. Der Mink hat, ungeachtet aller jagdlichen Maßnahmen, den einheimischen Europäischen Nerz inzwischen fast vollständig verdrängt. In Anbetracht des erheblichen Prädationsdrucks des Waschbären auf Wiesenvögel und Höhlenbrüter forciert die Biosphärenreservatsverwaltung, entsprechend landesweiter Strategie, den Fallenfang von Waschbären in ausgewählten regionalen Schwerpunktgebieten. Von 2014 bis 2015 wurden 70 Waschbärfallen beschafft und den lizensierten Jagdausübungsberechtigten zur Verfügung gestellt. Allein für 33 ausgewählte in der Dannenberger und Gartower Marsch eingesetzte Fallen meldete die Jägerschaft in den Jahren 2015 und 2016 352 bzw. 326 Waschbärfänge. Es ist davon auszugehen, dass eine Ausweitung der Fallenjagd für die Naturschutzziele förderlich ist.
Ein Trupp von Rehen in der winterlichen Feldflur bei Rassau