Wildbienen – Monitoring im Biosphärenreservat
Spezielle Nisthilfen sollen eine bestandsschonende Erfassung von Wildbienen ermöglichen
Status Quo ist verbesserungswürdig
In Deutschland leben über 580 Wildbienenarten von denen einige stark gefährdet sind. Bedauerlicherweise gibt es bisher keine einheitlichen Methoden, Bestand und Ausprägung der Arten zu erfassen und auszuwerten. Gleichzeitig sind gegenwärtige Ansätze zum sogenannten „Monitoring“ oft nicht bestandsschonend. Viele Bienen sterben dabei. Besonders wichtig für die Verbreitung und Entwicklung von Wildbienen sind landwirtschaftlich genutzte Flächen. Sie machen bundesweit betrachtet, stattliche 50% der deutschen Landesfläche aus. Häufig mangelt es auf diesen Flächen oft an Nahrung und Nistmöglichkeiten für die kleinen Insekten, mit negativen Auswirkungen für deren Bestandessituation.
Das „Johann-Heinrich von Thünen-Institut“ in Braunschweig möchte dies verbessern. Seit 2019 versucht es, in einem Forschungsprojekt die Erfassung von Wildbienenbeständen in Agrarlandschaften zu optimieren: Ziel des Pilotprojektes ist es, bis 2023 einen Prototyp einer standardisierten Nisthilfe für Wildbienen zu entwickeln, um einerseits den Bestand tötungsfrei zu erfassen und andererseits die Forschungsergebnisse im Kontext von klimatischen, agrarpolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu betrachten. So könnten in Zukunft Trends schneller erkannt und bei Veränderungen angemessen reagiert werden. Gefördert wird das Projekt maßgeblich durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Jede/r kann mitmachen
Erfolgsentscheidend für das Vorhaben ist das Engagement von Privatpersonen: Jede und jeder kann eine Nisthilfen-Patenschaft übernehmen, insofern es sich um eine durch das Thünen-Institut ausgewählte Fläche handelt. Zur Betreuung der Nisthilfen braucht man keine besonderen Kenntnisse. Nur das eigene Engagement zählt. Damit die ausgewählten Flächen analog zu den Nisthilfen einem standardisierten Muster unterliegen, wurden die Flächen nach dem europaweit eingesetztem „LUCAS-Grid“ ausgewählt. Flächen von rund 3x3 Kilometer bilden dabei jeweils große Quadrate auf der Karte, wo idealerweise immer 6 Nisthilfen-Paare aufgestellt werden sollen.
Seit April 2022 beteiligt sich auch die Biosphärenreservatsverwaltung „Niedersächsische Elbtalaue“ mit rund 14 Nisthilfen, verteilt auf drei Standorte, an den Untersuchungen. Die Nisthilfen liegen größtenteils auf eigenen Flächen des „C-Gebiets“ in Kapern, Laake und Amholz. Die Ranger*innen der Verwaltung kümmern sich dabei um die Pflege, Betreuung und Dokumentation der Nisthilfen.
So funktionieren die Nisthilfen
Eine MonViA-Nisthilfe besteht aus 25 übereinander gestapelten Holzplatten, in die unterschiedlich große Niströhren eingelassen sind. Jede Wildbienenart hat einen individuellen Platzanspruch. Alle Platten werden einzeln mit einer Folie abgedeckt, um die Nistplätze zu schützen. Die Öffnungen, sprich Einfluglöcher, werden dann in Richtung Süden ausgerichtet. Basis für die Nisthilfe ist ein in die Erde gesteckter Holzpfosten. Ein kleines Dach schützt vor schlechtem Wetter. Sobald die Nisthilfen paarweise im Frühjahr 2022, mit einem Monat Zeitunterschied, aufgestellt worden sind, fängt der Brutkreislauf der Wildbienen an: Alles beginnt damit, dass sich ein befruchtetes Bienenweibchen eine geeignete Niströhre zum Brüten aussucht. Das Brutgeschäft verläuft in Eile – denn Wildbienen leben im Schnitt nur vier bis acht Wochen.
Zunächst wird erstmal Proviant in Form von Nektar und Pollen beschafft, um später die Larven zu ernähren. Daraufhin legt sie ihre Eier in der Röhre ab und baut parallel dazu voneinander abgetrennte Brutzellen mit Nistmaterial aus der Natur. Nun wachsen die Larven langsam heran. Nachdem ihr Futtervorrat verbraucht ist, verpuppen sie sich und überdauern so den Winter. Bis dahin müssen die Brutvorschritte monatlich in Form von Fotos dokumentiert werden. In den letzten 10 Tagen eines Monats müssen jeweils alle Holzplatten der Nisthilfen in der Draufsicht fotografiert werden, um Fortschritte festzustellen, aber auch einen Überblick über die Ausprägung der Arten zu bekommen. Im Spätsommer des nächsten Jahres ist es dann soweit: Die erwachsenen Bienen verlassen das Nest.
Wertvolle Erkenntnisse aus Brutresten
Nachdem die Bienen ausgeflogen sind, befinden sich in den Brutzellen immer noch wissenschaftlich interessante Brutreste, wie etwa Nistmaterial, Futter oder Kot. Diese organischen Überbleibsel, die auch als E-DNA bezeichnet werden, bieten viel Potenzial zur späteren Auswertung. Daher ist es auch ein Ziel des Wildbienenmonitorings, biologische Auswertungsmethoden zu entwickeln. Nach erfolgreicher Auswertung lassen sich aus den Resten wertvolle Informationen über verschiedenste Eigenschaften der Bienen ableiten: Artengruppen und ihre Häufigkeit, Nahrung, Vitalität und sogar das Vorkommen von Parasiten können später bestimmt werden. Da zurzeit eine einheitliche Datenlage für Wildbienenbestände fehlt, sind die neu gewonnenen Daten eine große Chance: In Kombination mit ausgewerteten, bestehenden Daten, werden aus den Ergebnissen der biologischen Analyse sogenannte „Belastungsindikatoren“ entwickelt und nebenbei zeitlich bedingte Entwicklungen mit einbezogen. Die Belastungsindikatoren sind später essenziell dafür, Bestandtrends schneller zu erkennen.
Zukunft noch ungewiss
Leider ist zurzeit noch nicht sicher, wie es 2023, nachdem die Bienen ausgeflogen sind, mit den bestehenden Nisthilfen weitergeht. Es ist jedoch geplant, das Angebot der Nisthilfen-Patenschaft fortzuführen. Neben der Entwicklung des Prototypen sollen auch automatisierte Arbeitsschritte, wie z.B. eine automatische Bilderkennung, das Wildbienen-Monitoring in der Zukunft unterstützen.
Weitere Informationen zu dem Forschungsprojekt finden Sie unter https://wildbienen.thuenen.de/