Inklusiver Arbeitseinsatz für den Erhalt von Obstbäumen
Gemeinsam für die Natur
Eingemummelt in dicke Jacken, mit Gummistiefeln und Masken vor dem Gesicht, so erreichten die rund 20 hochmotivierten Teilnehmenden mit und ohne Behinderungen der Lebenshilfe Lüneburg Harburg gGmbH am Samstagmorgen den Hof Konau 11 in der Gemeinde Amt Neuhaus. Sie freuten sich darauf, nach zwei Jahren endlich wieder im Biosphärenreservat aktiv werden zu können und sich für den Erhalt der Artenvielfalt einzusetzen. Gepflegt werden sollte eine Reihe mit rund 100 Obstbäumen in der Nähe von Krusendorf.
Nach der Begrüßung der Teilnehmenden ging Anne Spiegel von der Biosphärenreservatsverwaltung auf die ökologische Bedeutung der Vielfalt von Arten und Lebensräumen ein. Martin Oswald von der Lebenshilfe ergänzte: „Wenn es denen gut geht, geht es uns auch gut“. Treffender konnte man es nicht sagen.
Julia Gerdsen vom Verein Konau 11 - Natur erläuterte den bevorstehenden Tagesablauf. Eine Gruppe blieb auf dem Hof und produzierte Trockenobst und Apfelsaft für die Mittagspause. Die andere Gruppe fuhr zur Pflege der Obstbäume nach Krusendorf. Entlang einer Gemeindestraße sollte dort die Wurzelbrut der Schlehen, d.h. die aus den Wurzeln wachsenden Jungtriebe, beseitigt werden, da sie die Obstbäume stark bedrängten. Mit Astscheren ausgestattet schnitten die Teilnehmenden die Schlehen und Brombeeren zurück. Ranger Helmut Kindler begleitete die Geländearbeiten. Er unterstützt die Biosphärenreservatsverwaltung seit einem Monat, und es war sein erster Arbeitseinsatz mit einer Gruppe.
Währenddessen lief auf dem Hof in Konau die Saftpresse heiß. Britta Habenicht, Freiwilligen-Koordinatorin der Lebenshilfe, fragte nach, was die Teilnehmenden lieber mögen: Apfelsaft oder Apfelchips. Die Meinung war geteilt. „Schmeckt wirklich wie Chips“ stellte Stephan Schenke von der Lebenshilfe fest, der das erste Mal Apfelchips probierte. „Der Lebenshilfe Lüneburg ist es ein Anliegen, sich für den Artenschutz zu engagieren und Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen zu bringen“, so beschreibt Britta Habenicht ihre Motivation.
Mittags gab es belegte Brötchen und frisch gepressten Apfelsaft. „Es ist noch so viel zu tun.“ erkannte Wolfgang Walter von der Lebenshilfe. „Wir können doch gleich die nächsten Tage weiterarbeiten“, bat er die Organisatoren. Er beteiligt sich schon seit 2016 an den Arbeitseinsätzen.
Nach dem Essen führte eine kurze Exkursion Richtung Elbe, und ein Insektenhotel, das bei einem vorherigen Einsatz gebaut wurde, wurde nach Bewohnern überprüft. „Bei den Arbeitseinsätzen geht es nicht nur um die Arbeit an sich, sondern darum, gemeinsam Erfahrungen im Biosphärenreservat zu machen, Neues zu Lernen und sich für die Natur zu begeistern“, erläuterte Anne Spiegel. Zum Abschluss gab es als Dank für den Einsatz Bestimmungskarten für Insekten und ein Poster über alte Obstbaumsorten.
Der Arbeitseinsatz ist Bestandteil des seit Juli 2018 laufenden Projektes „Obstbaumalleen und Streuobstwiesen in Amt Neuhaus und Umgebung wertschätzen und erhalten“ von Konau 11 – Natur e. V. Im Rahmen des bundesweiten Projektes „Ungehindert engagiert“ der „Nationalen Naturlandschaften“ (Dachorganisation von Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturparken) findet seit 2016 eine Kooperation zwischen der Lebenshilfe Lüneburg Harburg und der Biosphärenreservatsverwaltung statt. Ziel ist es sich gemeinsam für den Erhalt seltener Lebensräume im Biosphärenreservat einzusetzen. Freiwillig Engagierte mit Lernschwierigkeiten erhalten Angebote in leicht verständlicher Sprache: Sie vertiefen so ihr Wissen zu Natur- und Naturschutzthemen im Schutzgebiet und wenden es in der Praxis an. Im Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung wird bewusst: Jede/r hat das Recht und die Kompetenz, sich entsprechend seiner Fähigkeiten aktiv in die Erhaltung von Natur und Landschaft einzubringen.
Das örtliche Projekt ist mehrfach ausgezeichnet worden. So 2017 mit dem Niedersächsischen Landespreis für Bürgerengagement und 2019 zusammen mit Konau 11 - Natur e. V. als UN-Dekadeprojekt für Biologische Vielfalt. Seit Ende 2019 gibt es eine Partnerschaft und Austausch mit dem Biosphärenreservat Drömling (Sachsen-Anhalt) und der Lebenshilfe Altmark West.Gruppenfoto der Teilnehmenden